Balagne Déserte (von Calvi nach Galéria mit Fangotal)
Die Strecke durch die Balagne Déserte von Calvi nach Porto zählt zu den schönsten ganz Korsikas. Wer sich einen Teil der zahlreichen Kurven sparen möchte, kann den ersten Abschnitt bis nach Galéria über das Hinterland – vorbei am Flughafen von Calvi – abkürzen. Auf der Küstenstrasse benötigt man mit rund eineinhalb Stunden etwa drei Mal länger. Die Strecke ist aber sehr lohnenswert und am Strand von Crovani (Argentella) kann man sich an einem der schönsten Kiesstrände Korsikas entspannen.
Wer ein Bad im Fluss bevorzugt, der ist im Fangotal absolut richtig. Hier findet man wunderschöne Badestellen, in welchen man gut schwimmen kann. Wer es gerne etwas abenteuerlicher hat, findet auch einige Sprung-Möglichkeiten.
Karte Balagne Déserte
Diese Karte ist ein Ausschnitt aus der Karte „world mapping project Korsika“. (c) REISE KNOW-HOW Verlag Peter Rump Gmbh
Die schnelle Variante nach Galéria
Nur gerade eine gute halbe Stunde benötigt man übers Hinterland, durch die sogenannte Balagne déserte. Man fährt auf der T30 Richtung Ile-Rousse und biegt dann im Kreisverkehr auf die D81 Richtung Flughafen St-Cathérine ab. An diesem fährt man vorbei und nach weiteren 4.5 km biegt man, auf der D81 bleibend, nach rechts ab. Man überquert die 443 m hohe Bocca di Marsolinu und fährt danach durchs einsame Marsolino-Tal zum Fango, wo die beiden Varianten wieder zusammentreffen.
Diese Variante ist für alle Wohnwagen-Fahrer Pflicht, für Fahrer von Wohnmobilen sehr zu empfehlen. Die Küstenstrecke ist teilweise sehr schmal.
Die wilde Variante nach Galéria
Entlang der Küste benötigt man mit einer Stunde reinen Fahrzeit gleich doppelt so lange wie über den Flughafen. Die Strecke ist dafür viel schöner, abwechslungsreicher und interessanter. Auch der Zustand der Strasse ist nicht mehr so schlimm wie früher.
Vom Parkplatz bei der Zitadelle fährt man auf der D81b in westlicher Richtung. Schon nach etwas über 3 km lohnt sich der erste Abstecher:
Kapelle Notre Dame de la Serra
Man biegt links auf ein schmales Strässchen ab, welches, vorbei an schönen Tafoni-Felsen, zur Kapelle Notre Dame de la Serra führt. Doch die Kapelle selbst ist nicht der Grund für den Abstecher, denn von hier oben hat man ein sensationelles Panorama! Man erblickt den ganzen Golf von Calvi, die Stadt und im Hintergrund die ersten Zweitausender.
Im September 2022 wurde die Marienstatue von einem Blitz getroffen und zerstört. Wann eine neue Statue aufgestellt wird, ist noch offen.
Zurück auf der D81b kommt man sogleich zu einem Parkplatz. Hier startet die Wanderung auf die Halbinsel von Revellata mit seinem Leuchtturm am äusseren Ende. Das unbefestigte Strässchen dürfte befahren werden, was mit einem normalen PW allerdings etwas schwierig ist. Auf der Halbinsel von Revellata findet man einige kleine Strände, die man auf der Wanderung erreicht. Unter der Halbinsel von Revellata liegt die Grotte des Veaux Marins, die rund 200 m lang und 25 m hoch ist. Diese kann mit Ausflugsbooten ab Calvi besucht werden.
Auf dem weiteren kurvigen Strassenverlauf zeigt sich die Landschaft sehr zerklüftet und in den Felsen entdeckt man viele Tafoni-Verwitterungen. Man hat herrliche Ausblicke auf die steile Küste. Nach rund 15 km verlässt die Strasse die Küste und führt durch das flache Tal von Luzzipeo. Linkerhand erblickt man Windkraftwerke.
Nach etwas mehr als 18 km liegt rechts an der Strasse das einfache, aber sehr empfehlenswerte Restaurant Prince Pierre. Auf der linken Seite thront auf einem kleinen Hügel eine auffallend Grosse Ruine. Dabei handelt es sich um die Überreste des Château Prince Pierre.
Château Prince Pierre / Torre Mozza
Das Château Prince Pierre hat eine bewegte Geschichte. Es wurde zwischen 1852 und 1854 vom Prinzen Pierre-Napoléon Bonaparte gebaut, einem Cousin von Napoleon III. Der Prinz wurde 1815 in Rom geboren und kam im Alter von 33 Jahren erstmals nach Korsika. Er wurde mit dem Auftrag nach Korsika geschickt, den Banditen Serafino, der damals die Balagne terrorisierte und die Hänlder erpresste, aufzuspüren.
Während eines Jagdausflugs verliebte sich Pierre-Napoléon in die Torre Mozza und das Umland, welches herrlich zwischen Meer und Bergen lag. Er beschloss, an dieser Stelle sein Schloss bauen zu lassen. Der Bau dauerte drei Jahre und umfasste nebst dem grossen, dreistöckigen Hauptgebäude auch einen Stall mit Platz für 10 Pferde und eine Kutsche, eine Weinpresse und Gehege für Tiere. Jedes Stockwerg des Haupthauses zählte 300 Quadratmeter. Im Parterre befanden sich einige Empfangsräume, in denen der Prinz seine Freunde empfangen konnte. Im ersten Obergeschoss waren die Privatgemächer untergebracht und im zweiten Obergeschoss wohnten die Bediensteten und es wurden hier Nahrungsmittel gelagert.
1854 wurde ein vier Hektar grosses Stück südlich des Hauses von einer Mauer umschlossen. Darin befanden sich ein Garten und ein kleiner Weiler der Landarbeiter mitsamt Ofen, Kapelle und Dreschplatz für Weizen. Im Weiler lebten rund 60 Personen.
Die Frau von Pierre-Napoléon, Nina Bonaparte mochte das Schloss nicht. Ihr war es hier viel zu ruhig und sie blieb in Paris, während ihr Mann hin und her reiste.
1863 zerstritt sich Pierre-Napoléon mit seinem Cousin Napoléon III. Pierre wollte für einen Parlamentssitz kandidieren, Napoleon III. lehnte dies ab und bedrohte seinen Cousin. Daraufhin liess der Prinz die Eingänge des Schlosses zumauern und einige Fenster in Schiessscharten umzubauen. Bis 1867 war das Schloss sein Zufluchtsort. Während den Jahren freundete sich Pierre-Napoléon mit dem Banditen Serafino an.
Nachdem Pierre-Napoléon Korsika 1867 für immer verlassen hatte, wurde das Schloss aufgegeben. Die Landarbeiter mussten ihren Weiler verlassen. Dieser diente in der Folge als Steinbruch, was zur Folge hatte, dass man heute kaum noch Überreste davon sehen kann.
Das Schloss blieb im Familienbesitz, bis es 1925 von seiner Enkelin, Prinzessin Marie, an den Notar Capifali verkauft wurde.
Während des 2. Weltkrieges und bis in die 1950er-Jahre wurde im Schloss eine provisorische Schule betrieben. In den 60er-Jahren bewohnte ein Schäferpaar die Räumlichkeiten. 1970 kaufte eine Gesellschaft das Anwesen mit der Absicht, es in einen luxuriösen Touristen-Komplex umzubauen. Umgesetzt wurde das Projekt aber nie.
2018 kauften die Brüder Grisoli aus Calenzana das Anwesen mitsamt Umland. Sie pflanzten tausende Rebstöcke und gründeten so das Bio-Weingut Château Prince Pierre AOP Calvi. Das Schloss soll dereinst renoviert und als Hotel genutzt werden.
Bucht von Crovani / Strand von Argentella
Nach 20 km zweigt rechts eine Naturstrasse zum Parkplatz hinter der Bucht von Crovani / Strand von Argentella ab. Hier lohnt sich ein Halt am Strand, denn die Steine dieses wunderschönen Kiesstrandes sind glattgeschliffen und haben alle möglichen Farben. Am Südende der Bucht liegt der Camping La Morsetta, der leider seit 2018 geschlossen hat.
Minen von Argentella
In den Minen von Argentella wurde zwischen dem 16. und dem 20. Jahrhundert unter Tage Silber, Kupfer und Blei abgebaut. Den Anfang machten 1572 die Genueser. Dies war aber nicht von langer Dauer. Erst im 19. Jahrhundert stieg das Interesse an dem Gebiet und im Jahr 1847 stellten mehrere Personen einen Antrag auf eine Explorationslizenz. Ab 1873 wurden sehr umfangreiche Arbeiten durchgeführt. Sie umfassten den Bau einer grossen Fabrik zur Anreicherung und Reinigung des Erzes und von Verwaltungsgebäuden, die Errichtung des Staudamms, der heute noch erhalten ist, und die Einrichtung des Hafens Julia an der Südseite der Bucht von Crovani. Das Gestein wurde abgebaut und per Seilbahn zur Fabrik transportiert, die mit drei Dampfmaschinen ausgestattet war, die von fünf Kesseln mit einer Leistung von 100 PS gespeist wurden. Zu Spitzenzeiten wurden über 10’000 Tonnen Erz pro Jahr abgebaut. Im 20. Jahrhundert ging es stetig bergab und das Minengelände wechselte mehrfach den Besitzer. 1964 war dann endgültig Schluss und die Fabrikgebäude wurden dem Zerfall überlassen.
Das Gelände ist heute frei zugänglich. Man findet es gleich nachdem man am ehemaligen Campingplatz La Morsetta vorbeigefahren ist. Dort (nach 22 km) macht die Strasse eine starke Linkskurve und führt über eine Brücke. Parken kann man vor der Brücke auf der linken Seite.
Der Stausee ist schuld, dass der Camping la Morsetta seine Tore schliessen musste. Angeblich soll der Staudamm nicht mehr hundertprozentig sicher sein. Im Falle eines Berstens würde das Campinggelände überflutet werden.
Nach 33 km trifft die D81b auf die D81 und gleich darauf überquert man den Fango-Fluss, der hier sehr breit ist. Wegen der vielen Steine im Flussbett ist das Wasser kaum zu sehen.
Danach, beim improvisierten Tourismus-Büro, teilt sich die Strasse. Rechts gehts zum Ort Galéria, links Richtung Porto oder das Fango-Tal hinauf.
Das Fangotal
Im Fangotal findet man zahlreiche schöne Badestellen. Der Fluss mit dem glasklaren Wasser und den farbigen, rund geschliffenen Steinen entspringt an der markanten Paglia Orba, die sich majestätisch im Hintergrund des Tals erhebt. Rechts davon erkennt man sogar das Loch im Capo Tafunato. Das kristallklare Wasser bildet überall grössere und kleinere Becken. Einige sind so tief, dass man problemlos von den Felsen hineinspringen kann. Da die Strasse meist nicht weit entfernt vom Fluss verläuft, sind die Badestellen sehr bequem erreichbar. Sehr lohnenswert und leicht zu bewältigen ist eine Flusswanderung.
Galéria
Galéria ist ein kleines Fischerdorf, in welchem auch in der Hochsaison nicht viel los ist. Wer im Urlaub Ruhe sucht, ist hier richtig.